Ohrakupunktur ist bekannt für Orthopädie und Schmerz (s. S3-Leitlinie Behandlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen; S.53). Wie aber kann ich die Psyche, Psychosomatik und Psychosomatische Erkrankungen mit der Ohrakupunktur behandeln? Hier zeige ich Ihnen drei unterschiedlich erfolgreiche Ansätze der Behandlung auf.
Sie finden hier auf dieser Seite:
3 Wege mit Ohrakupunktur in der Psychosomatik
Grundsätzlich ist Ohrakupunktur eine regulatives Therapieverfahren (hier eine Idee zum Wirkmechanismus von Ohrakupunktur). Und damit sehr geeignet, um funktionelle Erkrankungen und Gemütszustände zu bessern. In der S-3 Leitlinie ‘funktionelle Körperbeschwerden‘ (s.a. Dt. Ärzteblatt Int 2019; 116: 553-60) wird Akupunktur mit starkem Konsens (Langfassung S.93) empfohlen.
Es gibt aus meiner Sicht drei Herangehensweisen, um Patienten mit Seelischen und funktionellen Beschwerden zu helfen:
NADA-Akupunktur – standardisertes Vorgehen
Das NADA-Protokoll, oder die NADA-Akupunktur ist ein standardisiertes Vorgehen mit klarem Setting und internationaler Verbreitung. Es gibt eine gute Studienlage und hohe Evidenz bei der Wirsamkeit. Im Artikel ‘Das NADA-Protokoll in der Ohrakupunktur‘ beschreibe ich ausführlich die Anwendung im Einzelsetting.
Sie können diese Version von NADA im Wechsel mit der nächsten Variante, der ‘Ohrakupunktur mit Ausrichtung auf das Symptom’ sehr erfolgreich anwenden.
Ohrakupunktur mit Ausrichtung auf das Symptom
Die von mir favorisierte Methode ist die Ausrichtung der Ohrakupunktur auf das Symptom des Patienten. Die Ohrakupunktur behandelt nicht das Symptom selber, sondern den ‘Umgang des Nervensystems mit dem Symptom’. Daher bietet sie bei allen funktionellen und die Psyche einbeziehenden Erkrankungen an.
Das Nervensystem selber ist das körperliche Korrelat der Psycho-Somatik. Das Nervensystem (die ‘Psyche’) verursacht meist selber die Verstärkung und Aufrechterhaltung des Symptoms!
Daher ist Ohrakupunktur, die über das Gehirn (Somatotopie-Spiegelung) wirkt, ideal zur Behandlung. Wichtig ist ein Ohrakupunktur-Konzept, welches spiegelnd wirkt – nicht ein Vorgehen, bei dem einfach ‘Punktewirkungen’ zusammen gewürfelt werden.
Einzelpunkte am Ohr wählen, die psychisch wirksam sein sollen
Das ist nämlich die dritte Vorgehensweise: Stechen von mehreren Einzelpunkten am Ohr. Viele Ohrakupunktur-Schulen und Bücher arbeiten über dieses Konzept. Sie beschreiben Punkte, die einen Einfluss auf die Psyche haben sollen. Aber jeder Punkt am Ohr hat einen Einfluss auf die Psyche!
Daher greift dieses Vorgehen aus meiner Sicht viel zu kurz. Denn es ist möglich, eine viel stärkere Wirkung zu erzielen, wenn eine gute Kombination der Punkte gewählt wird.
Die Nutzung von Einzelpunkten entspricht aus meiner Sicht eher dem NADA-Vorgehen, nur das in diesem Fall das Vorgehen nicht standardisiert ist.
Das bedeutet nicht, dass durch dieses Vorgehen nicht auch eine Wirkung erzielt werden kann. Doch die Wirkung des spiegelnden Vorgehens in der Ohrakupunktur ist meines Erachtens deutlich wirksamer.
Das Spiegeln des Symptoms für das Nervensystem
Es gibt einen Grund, warum ein bestimmtes Organ beim Patienten symptomatisch betroffen ist. Viele Bücher benennen inhaltliche Konzepte, welches Organ welche Symbolik repräsentiert. Doch das meine ich nicht. Das ist ein ‘Drüberstülpen’ von Bedeutung. Und die meisten Patienten sind es leid, dass dauernd jemand kommt und sagt, was sie tun sollen. Und sie wollen nicht mehr. Und haben Symptome.
Da kommt die Ohrakupunktur grade recht, denn sie kümmert sich nicht um die Bedeutung. (Die Bedeutung für das eigene Leben kann jede*r nur für sich selber finden – und das nennt man dann Entwicklung oder Psychotherapie). Die Ohrakupunktur spiegelt das gerade aktive neurologische Muster ins Gehirn – und gibt dem Patienten(system) selbst die Möglichkeit, etwas zu verändern.
Wie spiegele ich am Ohr den Patienten – und was er/sie tut?
Über die Somatotopie Ohr gebe ich dem Gehirn die Information, was gerade aktiv ist – wo also grade was passiert. Das geschieht dadurch, dass ich den aktiven Punkt am Ohr suche und steche.
Und da jede Patientin, jeder Patient individuell ist mit ganz individuellen Symptomen – brauche ich auch den individuellen Punkt des Patienten. MIt anderen Worten: Eine gute Stichtechnik am Ohr (die auch eine gute Suche nach Ohrpunkten umfasst) ist notwendig, um gute Wirkung zu erzielen.
Und es braucht ein klares Vorgehen, wie das Symptom am Ohr gespiegelt werden kann. Die Balancierte Ohrakupunktur ist ein über 20 Jahre entwickeltes System, welches auch komplexe chronische und psychosomatische Erkrankungen gut erfassen und die Patienten heilend begleiten kann.
Hier liegt der Vorgehensweise am Ohr eine ganz spezifische Struktur zugrunde: Punktkategorisierung, Suchtechnik und Kombination. (Genauer gesagt ist es eigentlich umgehkehrt gewesen: Ich habe das System entwickelt und im Laufe der Zeit herausgefunden, dass es sehr gut geeignet ist, auch psychosomatischen Patienten zu helfen.) Wie auch immer, es hilft.
Wenn ich ein körperliches Symptom habe, ist es einfach
Egal, ob das körperliche Symptom psychisch, akut, traumatisch oder nur symptomatisch ist, das Vorgehen ist am Ohr immer gleich – und oft auch gleich wirksam (warum das so ist, lesen Sie hier).
Ich brauche ein körperliches Symptom, um ein Ohrkonzept zu entwickeln. Was mache ich also, wenn ich kein Symptom habe?
Was mache ich bei einem depressiven Patienten?
Finde ein körperliches Symptom! Jeder Depressive hat auch ein körperliches Symptom. Das muss nichts mit der Depression zu tun haben. Es tun auch Rückenschmerzen oder eine steife Schulter oder ein fester Nacken.
Patienten mit Angststörungen haben immer auch ein körperliches Symptom: Herzrasen, Wasser lassen, Schiss haben, Bauchdrücken, und und und…
Finde ein körperliches Symptom und richte die Ohrakupunktur auf dieses Symptom aus. Das gesamte System (Patient) wird reagieren und sich GESAMT verändern. Meine Erfahrung mit diesem Vorgehen ist seit vielen Jahren sehr, sehr gut.
Und das dahinterliegende Thema wird an die Oberfläche kommen – in der Zeit, die für diesen Patienten, dies Patientin die richtige ist. Ohrakupunktur ist nicht invasiv. Sie zwingt den Patienten zu nichts. Alles läuft immer über das Gehirn und damit entscheidet IMMER der Patient, was er oder sie mit dem Impuls der Ohrakupunktur macht.
Da Ohrakupunktur ein regulatives Therapieverfahren ist, wird bei JEDER Ohrakupunktur (wenn die Punkte gut getroffen sind), auch die Psyche mit behandelt.

Haltung = Psyche = Symptom = energetische Stagnation
Sicherheit und Gewohnheit lassen diesen ‘Teufels- oder Engelskreis’ fixieren
Wir gehen davon aus, dass alles in einem Regulationssystem miteinander zusammen hängt. Also auch von jeder Stelle aus wieder ins Fliessen gebracht werden kann. Egal ob es sich um eine körperliche oder psychische Symptomatik handelt.
Ohrakupunktur löst Stagnation. Das ist die Hauptwirkung. Daher wirkt die Ohrakupunktur vor allem bei sog. reaktiven Depressionen (die größte Anzahl von Depressionen ist reaktiv). Eine sog. endogene Depression lässt sich meist nicht mit Ohrakupunktur gut behandeln.
Bewegung ist unsere erste Sprache
“Movement is our first language” Dieses Zitat von Bonnie Bainbridge Cohen beschreibt, dass unser Körper zu allererst über die Bewegung kommuniziert hat. Und damit sind viele Informationen aus frühen Zeiten im Körper, dem Skelett- und Muskelsystem gespeichert. Dies erklärt aus meiner Sicht sehr, sehr viel Wirkung von Ohrakupunktur (da können wir lange drüber nachdenken).
Ohrakupunktur beeinflusst die nervale Steuerung von Bewegung. Ohrakupunktur kann daher Spannungs- und Haltungsmuster verändern. Und das ist in der Tat aus meiner Sicht einer der Haupt-Wirk-Wege: Ohr – Hirn – Bewegung/Ausrichtung – und damit sind wir im oben dargestellten Kreislauf. Und können ihn beeinflussen!
Denn Ohrakupunktur ist westlich Anatomisch orientiert – doch die Wirkweise ist funktionell!
In diesem Satz steckt sehr viel – viel mehr, als Sie im Moment vielleicht ahnen.
Der Wirkmechanismus ist funktionell – die Orientierung körperlich anatomisch. Und diesen Satz kann ich umdrehen: “Ich orientiere mich für die Ohrakupunktur an der körperlichen Lokalisation – doch der Effekt ist psychosomatisch und funktionell.
That’s it.